Reflexion zu Gerald Hüther „Lieblosigkeit macht krank“

Ein Beitrag von Birgitta Fissahn

Inhalte

Im Artikel über den Podcast der Wochentester im Gespräch mit Gerald Hüther sind schon einige der Kernthesen seines Buches besprochen worden.

Darüberhinaus sind es folgende Gedankengänge und Thesen wert, weiter reflektiert zu werden.

Ausgehend von einem fast schon poetisch anmutenden Zitat werden einige zentrale Textstellen strukturiert herausgefiltert.

„Wir begreifen, dass der Zauber des Lebens nicht darin besteht, dass es funktioniert und beherrschbar ist, sondern dass wir mit unserem Dasein in den großen Fluss des Lebens eingebettet sind und von ihm getragen werden und dass alles Lebendige sich selbst immer wieder neu organisiert, vielleicht ist es sogar zutreffender, wenn wir sagen, „neu erfindet“. "

Hüthers zentraler gesellschaftlicher Befund der Gegenwart ist eine zunehmende Lieblosigkeit in der Beziehungskultur untereinander, aber auch sich selbst gegenüber. Diese emotionale Verarmung macht seiner Meinung nach krank.

Was tun?

„Neurobiologen haben herausgefunden, dass unser menschliches Hirn zeitlebens in der Lage ist, sich selbst umzubauen. Deshalb können sich Menschen verändern, sogar grundlegend, aber nur dann, wenn sie es selbst wollen.“

Wie kommt man dahin, sich selbst verändern zu wollen? Ein Schlüsselbegriff ist das Metakonzept oder auch Selbstbild. Welche Einstellungen und Haltungen haben sich im Frontalhirn in komplexen Netzwerken verankert?

„Wenn es einem Menschen nicht gelingt, ein inneres Bild davon zu entwickeln, wer er sein will, fehlt ihm diese ordnungsstiftende Orientierung...“.

Krisen sind laut Hüther auch dazu geeignet, ordnungsstiftende, gesundmachende/ erhaltende Veränderungen herbeizuführen. Es geht dann darum,

  • Wiederzufinden, was verloren ging.
  • Anzuknüpfen, wovon man getrennt oder was unterbrochen war.

Dann kommt man wieder in „ sein Element“. Hüther führt in diesem Zusammenhang auch die salutogenetischen Grundregeln für ein möglichst gesundes Leben an:

 

  • Verstehbarkeit der Lebenswelt
  • Gestaltbarkeit des Lebensbereichs
  • Sinnhaftigkeit dessen, was verstanden und gestaltet wurde.

Ständiges Umbauen als gesundheitsfördernder Lebensauftrag. A lot do do!

Ein interessanter sidestep ist sein Vergleich zu ausdifferenzierten Körperzellen – wie z. B. einer Leberzelle, die sich durch Entdifferenzierung in eine pluripotente Stammzelle verwandeln und von dort aus z. B. zu einer Lungenzelle werden kann. Fraglos eine Sternstunde der Lebendigkeit.

Realistisch betrachtet dürfte es für den einzelnen nicht so easy sein, das Umbauen im Sinne von Hüther zu betreiben. Vielleicht sollte man mal eine Leberzelle fragen, wie sie es zur Lungenzelle geschafft hat.

Ob das allerdings in diesen Zeiten, die für Lungen möglicherweise nicht so erquickend sind, tatsächlich der richtige Weg war?

Zustimmen kann man Hüther, der appelliert, aus der Objektrolle herauszukommen. Und die Gestaltungshoheit über den eigenen Lebensvollzug (zurück)zubekommen. Das ist allemal jede Anstrengung wert!!